Freiheit statt Angst – Statt weniger politischer Kommunikation im ND braucht es mehr Öffentlichkeit

2016 hat der ND-Rat In Münster festgelegt, dass die Ratssitzungen mit der Ausnahme von Personaldebatten grundsätzlich öffentlich sind.  Bis dahin tagte der Rat hinter verschlossenen Türen. Jetzt schlägt die Leitung vor, die Öffentlichkeit auf ND Mitglieder zu beschränken. Ausnahmen können die Leitung und das Tagungspräsidium machen, nicht aber der Rat. Außerdem heißt es im Antrag: „ND-Mitglieder, die an Sitzungen des ND-Rates teilnehmen und nicht Mitglieder des Rates sind, sind auf diese Geschäftsordnung zu verpflichten.“

Dazu ein Kommentar von Joe Menze

(1)          Ich bin sehr dafür, strittige Fragen dort zu klären und zu entscheiden, wo sie hingehören. Die letzte Entscheidung über das Wohl und Wehe des Verbandes und des Bundes treffen wir Ratsmitglieder. Ich bin meinem Gewissen verpflichtet und denen Rechenschaft schuldig, die mich gewählt haben. Deshalb darf und kann ich nicht schweigen, sondern muss verständnisvoll die Debatten im Rat kommunizieren.

Beim letzten Herbstrat haben wir uns mit großer Mehrheit darauf verständigt, den Verband zu profilieren. „Der ND bietet Freiraum, um die biblische Botschaft in unsere Zeit hinein zu übersetzen, Altes neu zu sagen und innovativen Geist nicht nur in unsere Gemeinschaft, sondern in die Gesellschaft zu tragen.“  Dazu gehört auch der Punkt „Der ND bietet Raum zur existentiellen Auseinandersetzung mit Fragen unserer Zeit, öffnet diesen Raum aber über den Verband hinaus, um ihn auch Menschen außerhalb des ND zur Verfügung zu stellen.“

Da geht es an das Eingemachte. Wir haben uns dafür entschieden, eben nicht im eigenen Saft zu schmoren, sondern vielmehr – um ein angestaubtes Bild zu verwenden – „die Fenster aufzureißen“ und frischen Wind durch den Verband wirbeln zu lassen. Und wenn wir ehrlich zu uns selber sind, wirkt der aufgewirbelte Staub für die weitere Öffentlichkeit wie ein Sack Reis der in Fernost umfällt oder wie alter Schnee vor dem Sonnenbrand.

WAS MUSS GESCHÜTZT WERDEN ?

(2)          Was bei unserer Ratssitzung braucht besonderen Schutz?  Wäre ich Fundamentalist würde ich erklären: Wenig außer dem Recht auf freie Meinungsäußerung und Willensbildung der Ratsmitglieder. Ich frage: Was ist schutzwürdig? Und warum? Der Antrag schweigt sich aus. Nennt null Argument. Ein Armutszeugnis für einen ND, „der Diskussionsräume schafft, so dass um Themen gerungen, vielschichtig, kontrovers, aber auch dialogisch und fair diskutiert werden kann.“

Ich habe vollstes Verständnis dafür, dass es – wie die Jesuiten formulieren – ein Forum Internum gibt. Die bestehende Geschäftsordnung, für ganz blöd braucht man die Strukturkommission nicht zu halten, sieht bereits vor, dass ein Drittel der Ratsmitglieder die Nichtöffentlichkeit herstellen können. Alle Personalberatungen, alle Finanzangelegenheiten bleiben aus gutem Grund vertraulich. An diese Stelle können wir gern verhandeln, das Quorum zu senken, auf ein Viertel, vielleicht sogar auf ein Fünftel. Aber wir haben keinerlei Erfahrungswerte, weil noch nie ein derartiger GO-Antrag gestellt worden ist.

Warum nützen die Antragsteller nicht dieses Instrument?  Das bedeutet natürlich, dass man schon begründen muss, was jetzt dieses oder jenes Thema hinter verschlossenen Türen ohne Öffentlichkeit verhandelt werden soll. Wenn wir über den Kongressort 2020 entscheiden, wenn wir uns über die Diskriminierungen der Frauen in der katholischen Kirche aufregen, warum soll das im Hinterzimmer stattfinden. Selbst die Beratungen des Entwicklungsprozesses eines mittelalterlichen Akademikerverbandes öffentlich zu führen, ist ein klares Zeichen der Selbstreflexion und ein starkes Lebenssignal in die Verbändewelt.

Übrigens: Im Bundestag, wie auch in den Räten vor Ort gilt das Prinzip der Transparenz, mit der Möglichkeit die Öffentlichkeit bei sensiblen Inhalten aufzuheben. Architektonisch symbolisiert durch die Reichstagskuppel über dem Deutschen Bundestag, der Mutter aller Räte.

WAR EIN ND-BLOG-BEITRAG DER ANLASS?

(3)        Wenn wir nach dem konkreten Anlass für den Antrag der Leitung fragen, stoßen wir auf die Veröffentlichung des Briefes von Heinz Schneppen im ND-Blog. Überschrift: „Der Streit um das politische Mandat ist offen ausgebrochen“.

Zur Erinnerung: Der Botschafter a.D. hatte den Beschluss des Rates in Würzburg kritisiert, ND‘er dürften nicht für die AfD stimmen. Dies sei ein unzulässiger Eingriff in seine persönliche Wahlfreiheit. Darüber hinaus hatte er für die Leitung hochnotpeinliche Fragen gestellt: Nach dem Anlass für die Erklärung, nach der Rolle der Leiterin, die damals um ein Bundestagmandat kämpfte, und nach der parteipolitischen Radikalität innerhalb der katholischen Verbändewelt. Ich denke, das sind alles legitime Rückfragen an eine Erklärung, mit der der ND bereits in die Öffentlichkeit gegangen war.

WIE WERDEN ZUKÜNFTIG POLITISCHE DEBATTEN IM ND KOMMUNIZIERT?

(4)         Der Antrag der Leitung ist in sich mangelhaft, weil die entscheidende Konsequenz nicht bedacht, zumindest nicht schriftlich fixiert ist. Auf welche Art werden zukünftig die Debatten im Verband kommuniziert? Es reicht nicht aus, Resultate zu präsentieren, auch müssen die Argumente in der Abwägung erkennbar sein, damit sich die Bundesgeschwister ihre Meinung bilden können. Es darf nicht auf Leitungssprech hinauslaufen, auch Minderheitsvoten müssen zu Gehör kommen. So gesehen ist der Antrag unvollendet und ungenügend.

Umkehrt wird ein Schuh draus: Wie vermitteln wir politische Debatten im Verband, wie befördern wir den Meinungsbildungsprozess im Bund? Es muss nicht nur einen Wettbewerb um die besten Innovationsideen geben, sondern auch einen Wettbewerb um die geeignesten Kommunikationskanäle. Erneut baut dieser Antrag eine breite Barrikade vor demokratischer Beteiligung auf, die wir im ND so notwendig brauchen. Nicht weniger, sondern mehr Kommunizieren ist das Gebot der Stunde.

(5)         Diejenige, Derjenige, die/der den Antrag sich ausgedacht hat und dem Frühlingsrat in Dresden vorgestellt hat, die/der misst mit zweierlei Maß. Mit allerlei Wortgeklüngel beantragt die Leitung den Antrag des Ak Netz zu vertagen, weil das Handlungsfeld 8 noch nicht abschließend beackert sei. Aber hallo klingelt da etwas? Handlungsfeld 4 Integriertes Kommunikationskonzept: Wir debattieren gerade ein Integriertes Kommunikationskonzept. Dieser Antrag greift tiefgreifend ins politisches Kommunizieren des Verbandes ein. Beim Ak Netz plädiert die Leitung auf Vertagen und bei der Leitung soll mal eben kurz beschlossen werden. Zweierlei Maß.

(6)         Explizit schließt die Schweigepflicht Ratsunterlagen von Anträgen bis hin zu den Protokollen ein. Aber wie verhält es sich mit der verbandspolitischen Welt jenseits des Rates?  Auf dem Rat ungehaltene Reden? Guten Ratschläge jenseits der Protokolllage. Was geschieht, wenn ich im ND-Blog öffentlich von einer Antragsidee schreibe? Greift das Schreibverbot auch im Vorfeld der Räte? Was passiert eigentlich, wenn es plötzlich im Herbst einen alternativen Lagebericht zur Verbandsentwicklung gibt, der überhaupt nicht für den Rat verfasst wird und dort nicht verhandelt wird?

2 Gedanken zu „Freiheit statt Angst – Statt weniger politischer Kommunikation im ND braucht es mehr Öffentlichkeit“

  1. Der Vergleich mit dem Sack Reis auf der anderen Seite gefällt mir. Die Frage, ob eineND – Ratsitzung überhaupt irgendwen interessiert, der nicht im ND ist, scheint mir fraglich. Oder habe ich da entscheidendes übersehen? Claudia Vogt

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