Machtverlust und Verzicht auf eine Machtposition, Rücktritte und Resignation haben wir in den vergangenen, vorkarnevalistischen Tagen sehr geballt erlebt.
Die wenigsten Worte sind über das Hinschmeißen des Trainerjobs bei Hertha BSC von Jürgen Klinsmann zu verlieren. Als politischen Sündenfall sondergleichen bewerten die allermeisten die Annahme des Amtes des thüringischen Ministerpräsidenten durch Thomas Kemmerich, der am folgenden Tag seinen Rücktritt erklärte. Seitdem irrt ein Ministerpräsident ohne jegliche Ministerin oder Minister geschäftsführend und einsam durch die Erfurter Staatskanzlei.
Inwieweit der Stimmenblock der AfD-Abgeordneten, angeführt vom verfassungsfeindlich eingeschätzten AfD-Flügelführer Höcke, bei der Wahl einkalkuliert war, steht auf einem anderen Blatt.
Und dann kurze Zeit später – eine Folge dieses politischen Bebens in Erfurt – der Rücktritt von Annegret Kramp-Karrenbauer, die zu Beginn ihrer Amtszeit viele Erwartungen und manche Hoffnung geweckt hatte. Ebenfalls auf einem anderen Blatt: Das innerparteiliche Machtgerangel.
Spätestens an dieser Stelle müssen wir über die äußerst überraschende Ankündigung von Kardinal Reinhard Marx reden, in Mainz nicht zur Wiederwahl des Bischofskonferenzvorsitzenden anzutreten. Sein Grund ist nachvollziehbar. Am Ende seiner Amtszeit wäre er, zugleich Erzbischof von München und Freising, 72 Jahre alt. „Ich finde, es sollte die jüngere Generation an die Reihe kommen – und vielleicht ist es auch gut, wenn es häufiger einen Wechsel in dieser Aufgabe gibt“, so Marx, der Wahlmünchener.
Damit haben die Ökumene und der synodale Weg einen gewichtigen Fürsprecher verloren. In Frankfurt hatte Marx fulminant für Kirchenreformen geworben und war auf erbitterte Kritik seiner Mitbischöfe Woelki und Voderholzer gestoßen. Insgesamt verliert die Katholische Kirche einen einflussreichen und scharfsinnigen Kommentator gesellschaftlicher Entwicklungen. Unsere Demokratie wird gerade von spalterischen Tendenzen und egoistischen Machttricksereien bedroht. Auch der Zeitpunkt seiner Resignation ist auffällig: Ein Tag, bevor das päpstliche Schreiben „Geliebtes Amazonien“ publiziert wurde, das in einem halbherzigen und laukalten Duktus gehalten ist.
Wechsel beim Thema Machtfragen. Beim Karneval liegt ein tiefer Sinn darin, die Machtverhältnisse in den tollen Tagen mal umzukehren. Natürlich: Prinzengarden und Funkenmariechen sind eine Parodie auf das preußische Militär- und Imponiergehabe. Scharfzüngige Kritiker in der Bütt ziehen herrschende Verhältnisse durch den Kakao. Zwischen Weiberfastnacht und Aschermittwoch ist einiges an Anarchie erlaubt. Wenn nicht sogar geboten.
Kommt gut durch die Fastnachtstage.