Das Diözesankomitee im Erzbistum Paderborn fordert angesichts des Terroranschlages in Halle/Salle eine klare Haltung zu zeigen: Mit Herz und Hirn gegen Hass und Hetze. Die Initiative zum einstimmig gefassten Beschluss ging vom ND und von pax christi aus.
Mag sein, dass das Entsetzen über den Anschlag von Halle etwas nachgelassen hat. Nicht auszudenken, wenn die Tür der Synagoge nicht standgehalten hätte. Nicht auszumalen, wie wir dann am Versöhnungsfest Jom Kippur dagestanden hätten. Der höchste jüdische Feiertag, der zum Abschluss der zehn Tage der Reue und Umkehr mit Gottesdienst, Fasten und in Ruhe begangen wird, ist bewusst ausgewählt worden.
Eine ähnliche Zäsur war der Mord an Walter Lübcke. Der Mord an einem Repräsentanten der Demokratie erinnert fatal an den Mord an den Zentrumpolitiker Matthias Erzberger. War es 1921 die Unterzeichnung des Waffenstillstandes, ist es 2015 der Appell des Kasseler Regierungspräsidenten gewesen, solidarisch mit Flüchtlingen zu sein.
Man könnte meinen: „Ist ja weit weg.“ Zwei Erinnerungen ins Erzbistum: Der 9. November – ein hoch symbolischer Tag: 30 Jahre Mauerfall, 71 Jahre Reichsprogromnacht, 101 Jahres Ausrufung der demokratischen Republik. Vor einer Woche in Bielefeld inszenierten die Rechte(n) die Demo für eine notorische Holocaustleugnerin. Im Westen der Diözese bildet Dortmund einen Hotspot der Neonazis, die nach dem Anschlag in Halle beipflichtend durch die Straßen zogen.
Grund genug, dass wir uns als Diözesankomitee öffentlich äußern sollten, meinten ND und pax christi und bekamen die einstimmige Rückendeckung durch die Vollversammlung.
Unsere klare Haltung ist gefordert
Der Beschlusstext
Zutiefst schockiert und beunruhigt sind wir im Diözesankomitee im Erzbistum Paderborn über den rechtsextremen Anschlag, der auf die Synagogengemeinde und die Stadtgesellschaft von Halle (Saale) am Jom Kippur-Feiertag verübt worden ist.
Unsere Gedanken sind bei den Opfern und ihren Angehörigen und bei allen Jüdinnen und Juden, die sich durch diesen Anschlag, aber auch zahlreiche andere antisemitisch motivierte Angriffe bedroht fühlen müssen. Dieser Anschlag ist auch ein Angriff auf unser demokratisches Miteinander, das Menschen zusichert, in Freiheit, Würde und Teilhabe unabhängig von ihrer Religion, ihrer Herkunft, Hautfarbe oder Einstellung zu leben.
Der Anschlag in Halle, Terror gegen Jüdinnen und Juden, Holocaustleugnung und die Inszenierung im Netz – zeigen das Muster von rechtsextremem Terror. Auch wenn der Täter die Tat allein ausgeführt haben will, stützte er sich auf ein rassistisches Netzwerk und dessen Pamphlete. Ein ähnliches Muster weist der hinterhältige Mord an dem Regierungspräsidenten Walter Lübcke auf.
Die rassistische und antisemitische, aber auch die islamfeindliche Hetze, die rechtsextreme und rechtspopulistische Parteien und Bewegungen – deutlich erkennbar auch auf dem Gebiet unserer Erzdiözese – verbreiten, bildet den Nährboden für Gewalt und Terror. Vor dem Hintergrund ähnlicher Entwicklungen in der jüngeren deutschen Geschichte beunruhigt und alarmiert uns der seit geraumer Zeit zu beobachtende Anstieg von Antisemitismus, Islam- und Fremdenfeindlichkeit und von Rassismus sowie die sinkende Hemmschwelle für rechtsextremen Hass und Gewalt zutiefst.
Wir alle sind aufgerufen, einzugreifen und zu widersprechen, wenn Menschen bedroht, ausgegrenzt und beleidigt werden, wenn unsere vielfältige Gesellschaft und Freiheiten verhöhnt und attackiert werden. Unsere Kultur und unsere rechtsstaatliche Demokratie sind stark, wenn wir sie entschieden vertreten und entschlossen verteidigen.
Das Diözesankomitee im Erzbistum appelliert an die politisch Verantwortlichen in Städten und Gemeinden, auf Landes- und Bundesebene, den Kampf gegen Rechtsextremismus, Antisemitismus, Islamfeindlichkeit, Gewalt gegen jedweder Religionsgemeinschaft und Rassismus ernst zu nehmen, bedrohten Menschen den notwendigen Schutz zu bieten und gleichzeitig in Präventionsprogramme gegen Rechtsextremismus zu investieren. Von allen Verantwortlichen in Pfarrgemeinden, in Verbänden und in den Kirchenleitungen erwarten wir, dass sie aktiv und unmissverständlich Stellung beziehen für eine freie, solidarische Gesellschaft. Mit Herz und Hirn. Gegen Hass und Hetze.
Einstimmig beschlossen, vom Diözesankomitee im Erzbistum Paderborn am 16. November 2019