Versuch einer Antwort von Lisa Kötter am 19. März 2021 auf die Veröffentlichung des zweiten Gutachtens zum Umgang mit Fällen sexualisierter Gewalt im Erzbistum Köln.
Lisa Kötter ist Mitgründerin der Bewegung Maria 2.0 aus Münster
Wenn auch nur EIN Mensch verletzt wurde oder wird, um ein Amt zu schützen, dann hat dieses Amt die Würde verloren. Das gilt für monarchische wie demokratische Amtsinhaber. Die Würde der Mächtigen stirbt da, wo sie die Würde der Ohnmächtigen verletzen. Die Würde unserer Kirche starb mit der ersten Gewalttätigkeit und deren Vertuschung zwecks Heiligkeits-Vorspiegelung.
Denn damit verriet und verrät diese römische Kirche DEN, von dem sie behauptet, es sei SEINE Kirche. Denn ER, der gesagt hat: „was Ihr den Geringsten tut, das tut ihr mir“, Jesus selbst, ist es, dessen Würde auf dem Altar der Macht und der Glorie geopfert wird.
Da hilft kein Betroffenheitsgemurmel lieber Herr Woelki. Die Risse gehen durch den Fels selbst, auf dem die Herrenkirche steht. Dieser Fels ist aber gar nicht das Original. Denn der Fels der Liebe ist nie überbaut worden mit dickmaurigen Palästen. Der Fels der Liebe steht da, allen Winden und Wassern ausgesetzt.
Verletzlich ist die Kirche, und muss die Kirche sein, die diesen Felsen immer wieder von neuem erklimmt. Sie ist ausgesetzt wie die Kleinsten und Schwächsten. Das Dach dieser Kirche ist einzig der Himmel.
Diese ausgesetzte, verletzliche Kirche ist nicht römisch. Sie ist jesuanisch. Sie ist die Kirche Jesu, die trotz all der Herren- und Advokatenstrategien existiert. Es gibt sie TROTZ aller römischen Herrlichkeit. Nicht WEGEN ihr.
Die Schein-Heiligkeit wird sichtbar im gebundenen Advokatenbuch, das im Nebensatz den lückenhaften Wahrheitsgehalt einer kafkaesken Aktenführung erwähnt, die „Pflichtverletzung“ einiger Brüder dennoch nicht verhehlen kann. Die jedoch als Happyend stolz die Reinheit des ehemaligen Privatsekretärs verkündet.
Treten Sie heraus, meine Herren. Lassen Sie sich erschüttern. Begeben Sie sich auf den harten Boden mit den Verzweifelten und Verletzten. Weinen Sie mit, bitten Sie sie um Hilfe. Denn nur eine Kirche, die mit den Verletzten verletzt ist, ist die Kirche Jesu Christi.
Oder: Ziehen Sie sich zurück mit den Getreuen der Glorie hinter die dicken Machtmauern und spielen Sie weiter in den goldenen Räumen, die nicht Fenster noch Türen haben. Nicht einmal einen Riss, durch den Luft, Schreie oder gar – Licht dringen könnte.
Die Kleinen zeigen endlich auf den nackten Kaiser: Das entblößte System.
Sie sind das nicht persönlich, Herr Woelki. Sie sind nur eine Stütze dieses römischen Systems. Ein Mensch mit einer großen Sehnsucht im Herzen. Zum Werkzeug der Glorie geworden. Bestimmt nicht in böser Absicht.
Es ist vorbei. Der Kaiser ist nackt. Nur der Mantel der Liebe könnte ihn noch bedecken und retten. Er müsste ihn jedoch finden: auf dem unbebauten Felsen. Unter dem offenen Himmel der eigenen erschütternden Verletzlichkeit.
#aneurerseite
#fürgerechtigkeit
#brüderimnebel