Welt im Umbruch – Lasst uns aufbrechen!

AufbruchsGedanken von Peter Barzel

Corona spült die drängenden Fragen an die Oberfläche. Zurück zur Normalität, wie sie vor der Pandemie war, oder Aufbruch zur Lösung der schon lange bekannten Fragen? Wenn wir das Hirschberg-Programm ernst nehmen, müssen wir über den Tellerrand des ND hinausschauen. Wie können wir als Christen und NDer*innen am notwendigen Aufbruch der Welt mitwirken? Welchen Beitrag können wir leisten? Neu denkend, aber auch neu handelnd? 

Wie sich die Dinge fügen – zumindest in der Rückschau. Ein Jahr nach dem 100jährigen Jubiläum des ND wollten wir mit dem ND-Kongress in Mainz „Im Aufbruch“ sein. Dann kam Corona und es gab nur den Aufbruch in den Lockdown. Ungewohnt: Von jetzt auf gleich wurde es still, langsam und auch einsam. Der Ausfall unserer Treffen beim Kongress, den Pfingstreffen und Werkwochen trifft die Seele unseres Bundes – das nachdenkliche, spirituelle, aber auch vergnügliche Miteinander. 

Nun also ein neuer Anlauf ein Jahr später. Gleiches Thema, anderer Ort: digital. Da haben wir es schon mal geschafft, das Neue. Wie aber sieht die Zeit nach Corona aus? Welche Probleme kommen auf uns zu, haben sich durch die Krise zugespitzt? Welche Ideen haben wir, damit kreativ umzugehen und das gesellschaftliche Leben neu zu gestalten – nicht nur pandemiesicherer, sondern gerechter, ökologischer, nachhaltiger, lebenswerter, spiritueller? 

Nähe und Distanz 

Schön, dass wir uns digital sehen und sprechen können. Aber es fehlt etwas: die Nähe, die Berührung, die Wahrnehmung mit allen Sinnen. 
Was macht das mit uns Menschen? 
Wie verändert das unser Gemeinschaftsleben in ND, Kirche und Gesellschaft? 
Können wir das Alleine-Sein neu schätzen? 
Wundern wir uns manchmal, wie wir das ganze Programm vorher geschafft haben?
Kommen wir vielleicht schrulliger aus der Krise?
Oder saugen wir das verpasste gierig wie in Schwamm auf?
Wonach sehnen wir uns am meisten? 
Was ist uns wichtig?
Worauf können wir in Zukunft gerne verzichten?
Verändert sich für uns das Verhältnis von Nähe und Distanz? 

Mehr oder weniger

Das soziale Leben ruht weitgehend. Kultur, Geselligkeit, Museen, Shoppen – ausgesetzt. Manches geht online, macht aber weniger Spaß. Die Wirtschaft läuft weiter. Wir sind gut versorgt. Es sei denn, wir sind Einzelhändler*innen, Gastwirt*innen, Kulturschaffende oder Soloselbständige. Oder Eltern, Schüler*innen, Lehrer*innen, Erzieher*innen, Pflegkräfte. 

Der Kleiderschrank ist voll. Was Neues wäre nett, aber brauche ich das? Es gibt eine weltweite Überproduktion von Kleidung. Aber was kostet diese? An Rohstoffen, Wasser, Energie, Arbeit? Für uns preiswert zu kaufen, von anderen für einen Hungerlohn hergestellt.  Und wer trägt die Kosten der Pandemie? Wer sind die Verlierer, wer die Gewinner? Passen Wirtschaftswachstum und Nachhaltigkeit zusammen? Müssen wir nicht endlich zu einem Wirtschaften finden, dass Ressourcen schont und Lebensmittel und Güter gerechter verteilt? Kann der Kapitalismus das leisten, dessen inneres Prinzip auf Gewinnen und Verlieren aufbaut? Reicht der Mantel der sozialen Marktwirtschaft?

Künstliche Intelligenz oder menschliche Fantasie?

Es ist beeindruckend, was heute technisch möglich ist, wie schnell ein Impfstoff entwickelt werden kann. Doch treten nicht mit jeder neuen Technologie neue Probleme auf? Kunststoffe sind tolle und praktische Werkstoffe. Und preiswert. Inzwischen sind sie ein riesiges Problem – nach ihrer Nutzung. Digitalisierung und künstliche Intelligenz werden gebetsmühlenartig als Hoffnungsträger genannt. Aber ist es nicht ein Irrglaube, Technik könne alle Probleme lösen? 

Brauchen wir nicht vor allem menschliche Fantasie, um diese neuen Techniken sinnvoll einzusetzen? Kreislaufwirtschaft, Energieerzeugung, Lebensmittelproduktion mit Artenvielfalt, Einfügen in die Natur. Und brauchen wir unsere Fantasie und Kreativität nicht auch, um unser Zusammenleben als Gemeinschaftswesen neu zu gestalten? Kultur statt Shopping, sinnstiftendes Arbeiten statt Geld anhäufen, Reisen statt Kurzurlaube, Einfügen statt Beherrschen, gemeinsam statt einsam, weniger Haben – mehr – Mensch – sein? 

Lasst uns aufbrechen!     

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